Gasdruckmessungen am Beschussamt

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Jetzt wird es einige geben die meinen für was, wenn man sich eh an die Ladedaten hält?


Am Beschussamt gibt es für sehr viele gängige Kaliber aber auch Exoten die Möglichkeit einer professionellen Gasdruckmessung in einem Messlauf.


Bei vielen WL kommt irgendwann einmal der Forschungsdrang, sei es mit anderen oder besser verfügbaren Komponenten, größere Setztiefe oder der Suche nach dem technisch machbaren.


Bei all diesen Vorhaben bekommt ihr am BA für relativ wenig Geld, eine konkrete Antwort und ein Diagramm was euch neben dem Gasdruck auch die V2,5 sowie die Gleichmässigkeit eurer Patronen schwarz auf weiß präsentiert.


Wie macht man das jetzt werdet ihr euch berechtigt fragen und wie geht das vor sich? :/


Entweder fahrt ihr persönlich hin oder ihr schickt eure Patronen mit der Post samt Einreichblatt was ihr hier downloaden könnt ans BA.


Beschussämter
Hier finden Sie Kontaktinformationen zu den Beschussämtern Wien und Ferlach.
www.bmaw.gv.at




Ihr könnt theoretisch eine einzige Patrone aber auch 1000 Stück oder mehr einliefern was sich aber natürlich am Preis bemerkbar macht.


Eine sinnvolle Größe wären 6 Patronen, wobei die Hülsen für die Messung angebohrt werden seitlich, da hier der Druck gemessen wird.


Bei 9para wurscht aber bei einer 480 Ruger Hülse die knapp 1€ kostet sieht es da schon anders aus und ihr habt die Möglichkeit die Hülsen selbst abzuholen oder euch retour schicken zu lassen. Diese Hülsen kann man nämlich für eine erneute Messung verwenden in dem man das Loch mit Tixo bzw Klebeband abklebt um keine neue/seltene Hülse opfern zu müssen. ;)


Auf dem oberen Bild könnt ihr sehr gut die Gasentnahmebohrung an der Hülse erkennen,deren Lage und Grösse ebenfalls der Patronenprüfvorschrift zu entnehmen ist.

Diese Hülse könnte man nochmals zum messen verwenden.


Auf dem unteren Bild seht ihr was bei grossvolumigen Hülsen durch die Bohrung die mit einer Schwächung des Materials unweigerlich einhergeht ebenfalls hin und wieder vorkommen kann. Der gut zu erkennende Längsriss der bei der Bohrung beginnt erlaubt euch nur mehr diese Hülse auszuscheiden aber definitiv keine weitere Messung.



Warum aber gerade 6 Patronen? :/


In der Patronenprüfordnung gibt es eine berühmte Formel wo der Faktor k1n für die Anzahl der Messungen steht wobei 5 Messungen für die statistische Auswertung das minimum darstellen.


Die 6 Patrone wird als erstes abgefeuert und dient dem anwärmen des Messlaufs, fließt aber nicht in die Wertung ein.


Nach dem ersten Probeschuss geht es dann an die eigentliche Messung eurer restlichen 5 Patronen die für die Auswertung anschließend heran gezogen werden, wobei auch die stabw bzw Standardabweichung ermittelt wird.


Das ganze sieht dann so aus:



Mittelwert v. Gasdruck +k1n× Stabw <=1.15×pmax


lautet die Formel die zur Berechnung heran gezogen wird und wie ihr seht wird für k1n der Wert 5,75 eingesetzt in der Gleichung.


Diesen Wert saugt man sich aber wie vorher erwähnt nicht aus den Fingern sondern entnimmt ihn der Patronenprüfvorschrift wo bei 5 Messungen die Zahl 5,75 vorgegeben ist. Je höher die Anzahl der Messungen die ihr machen lasst desto geringer ist der Faktor der in der Gleichung eingesetzt wird.


Im Endeffekt kann man sagen das ihr stärker laden könnt je gleichmäßiger ihr arbeitet und je mehr Patronen ihr messen lasst da ihr zwar einen höheren Mittelwert habt, aber die Summe aus Mittelwert und der Multiplikation aus der Anzahl der Messungen mit der Standardabweichung geringer ausfällt.


Auf dem unteren Bild habt ihr dazu ein ansehnliches Beispiel einer 44 Magnum deren mittlerer max Gasdruck im zulässigen Bereich ist obwohl der mittlere max Gasdruck aus dem CIP Datenblatt (2800bar) tlw geringfügig überschritten wurde,was sich aber nur aufgrund der sauberen Arbeit sowie der geringen Standardabweichung ausgeht.


Die Prüfvorschrift sagt wie bereits vorher erwähnt:


mittlerer max Gasdruck+ k1n×Stabw<=1,15×pmax


In Zahlen sieht das dann so aus


2781,9+5,75x51,9=3080,3 bar <=3220bar bzw 1,15xpmax


Hätte ich jetzt aber nicht so sauber gearbeitet oder aufgrund eines ungeeigneten Pulvers usw eine Stabw >76 innerhalb dieser Serie würden diese Patronen betreffend des Gasdrucks nicht mehr entsprechen.


Was euch ebenfalls nicht entgangen sein wird ist das meine Patronen zwar sicher sind aber dennoch aufgrund der L6 nicht der Patronenvorschrift entsprechen. L6 ist im CIP Datenblatt die Bezeichnung für die Gesamtlänge welche hier bewusst überschritten wurde für mein Experiment um genügend Platz für Pulver zu haben.



Bei 5 gemessenen Patronen kostet der Spaß rund 30€ was für alles was mit Ämtern zu tun hat besonders günstig erscheint aber ihr habt neben dem Überblick wie eure Arbeit ist auch die Gewissheit ob eure Ladung sicher ist, was in meinen Augen weit mehr als 30€ Wert ist. :thumbup:


Ein weiterer angenehmer Nebeneffekt wenn ihr eure Ladungen messen lasst, ist das ihr nicht jedes Gschichtl blind glauben "müsst" was euch diverse King of Reloaders so drucken wollen. ;)



Wen man sich jetzt fragt warum auf einem meiner vorher gezeigten Protokolle nur 4 Messungen sind, kann man das ganz einfach erklären da auch hier 6 Patronen zum messen eingereicht wurden.


Die erste geht zum anwärmen des Messlaufs drauf und da gibt es sogar eine Abhandlung von Dipl Ing Bartram darüber wie sich das warme Lager auf das Pulver bzw dessen Temperatur auswirkt. Nicht umsonst werdet ihr auch eine Umgebungstemperatur am Protokoll finden da auch diese genormt ist in der Patronenprüfordnung.


Genug geschwafelt und nun zur Erklärung der fehlenden Messung die ganz einfach ist.


Selten aber doch gibt es auch am BA aus irgendwelchen Gründen Fehlmessungen wo die Maschine wo der Messlauf eingespannt ist einen Fehler auswirft und daher keine Messung stattgefunden hat welche ins Protokoll einfließen könnte.


Wichtig:

Patronen werden nur am Beschussamt Wien gemessen wodurch ihr euch Anfragen betreffend Messung oder vorhandener Messläufen an das BA Ferlach sparen könnt da dort mWn nur Waffen beschossen werden.




Antworten 9

  • Ich dachte mir, dass der Hr. Fullmetalljacket dafür geeignet ist, eine verständliche, wertvolle Erklärung für so ein Prozedere abzugeben. Vielen Dank!

  • Diskussion zum Artikel Gasdruckmessungen am Beschussamt:

    Zitat
    Meistens ist es wenn man etwas mit Ämtern zu tun hat relativ unangenehm für einen selbst aber auch hier gibt es Ausnahmen wo man sich sogar wohlfühlen kann,und wo einem einiges geboten wird.

    Eines der schönsten Beispiele dafür ist das Beschussamt, wo ihr nicht nur einen tollen Schießstand angebunden habt für Kurz- & Langwaffen oder eure Waffe neu beschießen lassen könnt sondern auch die Möglichkeit habt fast alle eure Patronen die ihr selber ladet auf ihre Sicherheit überprüfen zu lassen.
  • Morgen trage ich 6 Patronen im Kaliber .475 Linebaugh zur Gasdruckmessung zum Beschussamt. :)


    Ich denke mal das ich wieder ein Jahr auf das Ergebnis warten muss da der Messlauf noch für die veraltete Kupferstauchmethode vorgesehen ist und erst neu adaptiert werden muss. :(


    Ich habe mich bewusst für eine Ladung mit Vihtavuori N110 entschieden obwohl ich auch H110 und Lil Gun zur Verfügung gehabt hätte und ich Anhaltspunkte aus diversen amerikanischen Foren hatte.


    Ich will mir bzw der Nachwelt aber Ladungen erarbeiten mit Pulvern die in unseren Breiten auch regelmässig verfügbar sind weshalb ich mit dem noch schwächeren Reload Swiss ebenfalls experimentieren werde.


    Ich weiss das dieses Kaliber sein Potenzial nur mit schweren Geschossen ab 400 grain in Kombination mit zweibasigen Pulvern vollends ausschöpfen kann, nur nützt mir diese Erkenntnis nichts wenn man die Pulver derzeit so gut wie nicht bekommt.

  • Ich will mir bzw der Nachwelt aber Ladungen erarbeiten

    Was für ein Pathos … :thumbup:


    Das wird über die lange Wartezeit helfen.

  • Was für ein Pathos … :thumbup:


    Das wird über die lange Wartezeit helfen.

    Ich habe auch eine 44 Mag mit Lil Gun und 300grain Geschossen "im Ärmel" die ich ebenfalls morgen zum messen gebe. 8)


    Die wird früher fertig, das lindert den Schmerz zusätzlich ;)

  • Ich habe mich bewusst für eine Ladung mit Vihtavuori N110 entschieden .....

    Ich will mir bzw der Nachwelt aber Ladungen erarbeiten mit Pulvern die in unseren Breiten auch regelmässig verfügbar sind

    Super! Das sind die Dinge die ich u. a. so an dir schätze!:thumbup:

  • Super! Das sind die Dinge die ich u. a. so an dir schätze!:thumbup:

    Ich freue mich wirklich wenn ich wem eine sichere Ladung geben kann durch ein BA Protokoll, für einen sicheren Start in einem dem Wiederlader unbekannten Kaliber. :)


    Ich kann mich an einem User eines Forums erinnern der 3 Ladungen aus den weiten des Webs für eine Super Magnum eines anderen aber weit häufigeren Kalibers entnommen hat und diese vernünftig wie er war zuerst ans BA geschickt hat mit dem Ergebnis das alle 3 Ladungen Überdruck hatten. X/

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